Juni 10

Mitarbeiter-Kritikgespräche – konstruktiv, konkret und empathisch

Klare Worte, ohne zu verletzen: Ein Kritikgespräch mit einem Mitarbeiter ist gelegentlich eine heikle Aufgabe für eine Führungskraft. Wie gelingt es Ihnen, dass Sie eine konkrete Kritik formulieren und dabei die Motivation aufrechterhalten? Erfahren Sie, wie Sie Kritikgespräche professionell vorbereiten, strukturiert durchführen und lösungsorientiert abschließen. Ich stelle Ihnen praxisnahe Strategien vor – von konkreten Dialogbeispielen bis zum Umgang mit anspruchsvollen, teils schwierigen Persönlichkeitstypen. Meistern Sie auch virtuelle Kritikgespräche, z.B. per Zoom oder MS Teams souveräner und vermeiden Sie darüber hinaus rechtliche Fallstricke bei abmahnungsnahen Gesprächen. Ihr Team erhält konstruktives Feedback, Sie entschärfen Konflikte, verbessern die Performance und stärken Ihre Rolle als empathische, handlungsstarke Führungskraft.

Toolbox:

Über die Relevanz von Kritikgesprächen

Über die Relevanz von Kritikgesprächen

Führungskräfte stehen oft vor der Frage: Ist die Ansprache eines Fehlverhaltens grundsätzlich sinnvoll oder gar notwendig? Die klare Antwort lautet: Ja – und zwar zeitnah und konstruktiv. Kritikgespräche sind eine spezielle Form des Mitarbeitergesprächs und unverzichtbar für eine proaktive Feedback-Kultur. Studien zeigen, dass regelmäßiges Feedback die Motivation deutlich erhöht – um bis zu 10% und darüber hinaus, bei gleichzeitiger Anerkennung guter Leistungen sogar um bis zu 17%. Bleibt eine angemessene Kritik jedoch aus, leidet die Performance schnell: Konflikte schwelen unter der Oberfläche, andere Teammitglieder fühlen sich ungerecht behandelt und geplante bzw. vereinbarte Ziele geraten in Gefahr.

Auch Mitarbeitende wünschen sich ein regelmäßiges Feedback – und zwar ehrlich und zielführend. Laut Gallup sind 80% der Angestellten, die in der letzten Woche konstruktives Feedback erhalten haben, voll engagiert bei der Arbeit. Umgekehrt machen in Deutschland  78% der Beschäftigten „Dienst nach Vorschrift“, viele ohne emotionale Bindung zum Unternehmen. Einer der Gründe: Ihnen fehlt wertschätzendes Feedback und klare Orientierung durch ihre Vorgesetzten. Ein professionell geführtes Kritikgespräch bietet hier enorme Chancen: Es korrigiert Fehler, hebt die Motivation, löst Konflikte und stärkt die Loyalität. Kurz: Wer mutig ist und konstruktive Kritik übt, verbessert die Leistung des Mitarbeitenden und auch die Stimmung im Team.

Vorbereitung: Die Voraussetzung für wirksame Kritikgespräche

Vorbereitung: Die Voraussetzung für wirksame Kritikgespräche

Ein Kritikgespräch ohne Vorbereitung ist riskant. Wer unvorbereitet oder impulsiv kritisiert, verliert schnell an Wirkung und Glaubwürdigkeit. Bereiten Sie sich daher auf mögliche Szenarien vor – inhaltlich, organisatorisch und mental. Folgende Aspekte spielen dabei eine Rolle:

  • Erfassen Sie Fakten und Beispiele
    Dokumentieren Sie beobachtete Situationen, Daten oder Kundenfeedback. Vermeiden Sie Pauschalaussagen wie „Sie wirken unmotiviert“, sondern starten Sie bspw. mit:„In den letzten vier Wochen gingen drei Kundenbeschwerden wegen verspäteter Lieferungen ein. Ihre Abteilung überschritt die vereinbarten Deadlines jeweils um zwei bis drei Tage.“ Präzise Aussagen bewirken Klarheit und vermeiden eine mögliche Verteidigungshaltung.
  • Definieren Sie Thema und Ziele
    Beantworten Sie vorab die Frage: Was genau soll sich ändern? Formulieren Sie ein konkretes Ziel, z.B. – verbesserte Pünktlichkeit– Qualitätssteigerung– proaktive KundenorientierungJe präziser Ihr Ziel, desto konkreter verläuft Ihr Gespräch und desto einfacher vereinbaren Sie die nächsten Schritte.
  • Terminieren Sie das Gespräch zeitnah
    Planen Sie das Gespräch unmittelbar nach dem Ereignis – idealerweise innerhalb einer Woche. So signalisieren Sie die Bedeutung und zeigen gleichzeitig Führungskompetenz. Warten Sie zu lange, verliert das Gespräch rasch an Wirkung – und neue Themen überlagern oder verwässern den zu kritisierenden Vorgang. 
  • Organisieren Sie den passenden Rahmen
    Wählen Sie einen neutralen Raum außerhalb Ihres eigenen Büros. So begegnen Sie dem Mitarbeitenden auf Augenhöhe. Sorgen Sie für eine ruhige und geräuscharme Atmosphäre  – ich empfehle Mobiltelefon, Notebook in den Flugmodus zu setzen und weitere Störungen, wie Unterbrechungen, etc. zu minimieren. Wenn das Gespräch zu eskalieren droht, ziehen Sie eine neutrale Begleitperson hinzu, z.B. aus der Personalabteilung, die je nach Verlauf auch eine moderierende Rolle einnehmen kann.Wichtig: Kündigen Sie diesen Schritt vor dem Gesprächsbeginn an.
  • Bereiten Sie sich mental vor
    Visualisieren Sie das Gespräch:– Wie sieht Ihre Eröffnung aus?– Mit welchen Reaktionen / Einwänden rechnen Sie?– Wie reagieren Sie auf Abwehr, Schweigen oder Emotionen? Gehen Sie mit einem klaren Ziel und einer professionellen Haltung in das Gespräch und lassen Sie eigene (negative) Emotionen wie Frust oder Ärger außen vor. Planen Sie eine zeitlichen Puffer vor dem Termin ein – ein “kühler” Kopf ist eine wichtige Ressource.

Ohne Vorbereitung kein erfolgreiches Kritikgespräch. Sie signalisieren damit Professionalität und Respekt. Der Mitarbeitende spürt schnell, dass Sie das Thema ernst nehmen und fair beurteilen – und weniger einfach „aus dem Bauch heraus“ kritisieren.

Gesprächsleitfaden: Wie Sie in 5 Phasen durch ein Kritikgespräch führen

Gesprächsleitfaden: Wie Sie in 5 Phasen durch ein Kritikgespräch führen

Eine klare Struktur gibt Ihnen Sicherheit – und Ihrem Gegenüber Orientierung. Bewährt hat sich ein Ablauf in fünf konkreten Phasen. Testen bzw. nutzen Sie gerne diesen Leitfaden als Vorlage für Ihre Vorbereitung:

1. Einstiegsphase – Gesprächsklima

Begrüßen Sie den Mitarbeitenden freundlich und kommen Sie zügig ohne viel Smalltalk oder eine zu positive Gesprächsatmosphäre zur Sache. Hier ein Beispiel, nach der Begrüßung bzw. Platz nehmen: “Danke Paul, dass Du den Termin kurzfristig einrichten konntest und wir heute in Ruhe miteinander reden. Ich komme direkt auf den Punkt: Es geht um das Projekt XYZ und eine damit verbundene Kundenreklamation. Ich möchte mit Dir über die Deadlines der letzten Wochen sprechen. Mir ist wichtig, dass wir eine gemeinsame Sichtweise entwickeln, Ursachen für die Zeitverzögerungen klären und Du Lösungen erarbeitest, wie Du künftig ähnliche Situationen vermeidest.”  

2. Hauptphase – Kritik klar und konstruktiv formulieren

Kommunizieren Sie Ihre Beobachtungen offen und gleichzeitig respektvoll. Berücksichtigen Sie folgende Aspekte:

  • Ich-Botschaften: „Mir ist aufgefallen, dass die letzten drei Berichte verspätet, teils bis zu einer Woche, vorlagen.“
  • Konkret statt allgemein: „Am 3., 10. und 14. Mai fehlte die Qualitätsdokumentation.“
  • Respektvoll im Ton: Klare Sprache, Vorwürfe oder oder gar Sarkasmus unbedingt meiden.
  • Fokus auf die wichtigsten Punkte: Sprechen Sie maximal drei zentrale Themen an.
  • Konsequenzen benennen: „Wenn wir Deadlines überziehen, verlieren wir automatisch Kunden.“

Beispiel:„Herr Schmidt, ich erhielt Ihre letzten Monatsberichte mit bis zu einer Woche Verzögerung. Das führte dazu, dass die Geschäftsleitung unvorbereitet in wichtige Meetings ging. Ich spreche das heute an, weil ich überzeugt bin, dass es hier ein Verbesserungspotenzial gibt – und ich Ihnen auch eine entsprechende Unterstützung, wenn nötig, anbiete.“

3. Austauschphase – zuhören, verstehen, einbinden

Geben Sie Raum für die Reaktion des Mitarbeitenden: „Wie sehen Sie das?” oder  “Was sagen Sie dazu?”  

Hören Sie aktiv zu und lassen Sie Ihren Gesprächspartner aussprechen. Fragen Sie gezielt nach, z. B.: „Wie ist es zu dieser Situation gekommen?” oder “Was waren die Hintergründe für die Versäumnisse?”

Bleiben Sie ruhig bei emotionalen Reaktionen. Beispiel bei Widerstand:„Ich merke, das Thema wühlt Sie auf. Lassen Sie uns bitte sachlich bleiben – mir geht es um eine Lösung und weniger um eine Schuldzuweisung.“

4. Lösungsphase – Gemeinsam Vereinbarungen treffen

Lenken Sie den Blick auf die Zukunft. Fragen Sie gezielt: „Was benötigen Sie konkret, damit Sie künftig termingerecht liefern?“

Lassen Sie den Mitarbeitenden Lösungsvorschläge entwickeln und ergänzen Sie diese gegebenenfalls. Vereinbaren Sie dann klare Ziele und Schritte – messbar und terminiert:

Beispiel:„Wir halten fest: Die nächsten drei Berichte reichen Sie jeweils bis zum zweiten Werktag des Folgemonats ein. Sie erhalten zusätzlich fünf Stunden Unterstützung durch eine studentische Hilfskraft. Nach sechs Wochen besprechen wir den erreichten Fortschritt und legen das weitere Prozedere fest.“

Notieren Sie die getroffenen Vereinbarungen und sichern Sie so Nachvollziehbarkeit und Verbindlichkeit.

5. Abschlussphase – Positiv aus dem Gespräch gehen

Fassen Sie das Gespräch zusammen und bedanken Sie sich: „Danke, dass Sie einen wichtigen Schritt nach vorne machen wollen.“

Wertschätzender Abschluss: Stärken Sie den positiven Ausblick: „Ich bin überzeugt, dass Sie zügig nachhaltige Verbesserungen einleiten und erreichen.“ 

Achten Sie darauf: Halten Sie vereinbarte Folgetermine unbedingt ein und äußern Sie Anerkennung bei erreichten Fortschritten. 

Checkliste: 5 Do’s & Don’ts im Kritikgespräch

Checkliste: 5 Do’s & Don’ts im Kritikgespräch

Zum Abschluss der wichtigsten Grundlagen hier eine kurze Checkliste mit den Top 5 Do’s & Don’ts, die Ihre Rolle als Führungskraft im Kritikgespräch stärkt:

  • Do: Gründlich vorbereiten – Halten Sie Fakten, Beispiele und Ziele bereit.
    Don’t: „Drauflos reden“ ohne Plan oder aus dem Ärger heraus spontan kritisieren.
  • Do: Kritik unter vier Augen ansprechen, bleiben Sie respektvoll und sachlich.
    Don’t: Vor Dritten kritisieren oder den Mitarbeiter gar bloßstellen.
  • Do: Konkret und lösungsorientiert formulieren – sagen Sie, was genau falsch lief und fordern Sie Lösungsvorschläge ein.
    Don’t: Vage Anschuldigungen („Immer passiert Ihnen so etwas“) oder rein destruktive Kritik ohne Exit-Szenarien.
  • Do: Zuhören und empathisch reagieren – Lassen Sie den Mitarbeitenden zu Wort kommen, fragen Sie aktiv nach und nehmen Sie Emotionen ernst.
    Don’t: Monolog halten, den Mitarbeiter abwürgen oder Gefühle abbügeln („Jetzt regen Sie sich doch nicht so auf!“).
  • Do: Zukunftsorientiert abschließen – Bieten Sie konkrete Vereinbarungen und eine ergänzende Unterstützung an.
    Don’t: Ausschließlich Fehler vergangener Zeiten auflisten und mit negativer Stimmung auseinandergehen.

Diese Do’s & Don’ts helfen Ihnen, dass Sie auch in heiklen Gesprächen einen partnerschaftlichen Kurs halten. Sie können die Übersicht gerne als Gedächtnisstütze nutzen – oder schauen Sie in meine Toolbox oben und laden Sie Ihren druckbaren PDF-Leitfaden sowie die Checkliste.

Wie Sie mit schwierigen Persönlichkeitstypen im Kritikgespräch umgehen.

Wie Sie mit schwierigen Persönlichkeitstypen im Kritikgespräch umgehen

Selten verlaufen Kritikgespräche in ruhigen Bahnen. Oft hängt der Verlauf von der Persönlichkeit und damit verbundenen Charaktereigenschaften des Mitarbeitenden ab. Hier drei Beispiele für herausfordernde Mitarbeiter-Typen und wie Sie ihnen im Kritikgespräch professionell begegnen:

Low Performer – der chronisch Leistungsschwache

Merkmale: Bleibt langfristig hinter den Leistungserwartungen zurück. Gründe: fehlende Qualifikation, Demotivation, private Belastung, innere Kündigung.

Empfehlung: Klären Sie sachlich und konkret die vorhandene Leistungslücke. Vergleichen Sie die Ist-Situation mit Ihren Erwartungen. Bleiben Sie deutlich: „Eine Korrektur Ihres Verhaltens ist unumgänglich.” Bieten Sie gleichzeitig Unterstützung an: „Was benötigen Sie konkret, damit Sie Ihr Ziel erreichen?“Zeigen Sie Entwicklungsperspektiven auf, setzen Sie klare Fristen und dokumentieren Sie Ihre Absprachen. Denken Sie daran: Ihre Führungsverantwortung umfasst auch den Schutz des Teams vor dauerhafter Mehrbelastung aufgrund von Leistungsschwächen einzelner Kolleginnen und Kollegen.

Choleriker – der leicht Explosive

Merkmale: Reagiert auf Kritik mit Wut, Lautstärke oder persönlichen Angriffen. Fühlt sich schnell gekränkt.

Empfehlung:Bleiben Sie ruhig, gelassen und konsequent. Lassen Sie den ersten Ausbruch zu – ohne sofort zu kontern. Setzen Sie Grenzen: „Ich verstehe Ihren Ärger. Mit persönlichen Angriffen überschreiten Sie allerdings Grenzen. Wir führen dieses Gespräch auf einer sachlichen und konstruktiven Ebene.“Senken Sie bewusst Ihr Sprechtempo, Sie wirken so deeskalierend. Spiegeln Sie Emotionen kurz („Sie wirken auf mich gerade sehr gereizt“) und lenken Sie zurück zum Thema. Falls nötig, unterbrechen Sie kurz das Gespräch. Wichtig: Bleiben Sie konsequent – auch cholerisches Verhalten benötigt klare Rückmeldung und Führung.

Narzisst – der Beratungsresistente

Merkmale: Schätzt sich selbst stark ein, lehnt Kritik ab, gibt Fehler selten zu, delegiert gerne Verantwortung an andere.

Empfehlung: Bereiten Sie sich besonders gründlich vor. Nutzen Sie überprüfbare Fakten. Sprechen Sie gezielt konkrete Verhaltensweisen an – weniger die Person. Beispiel: „In den letzten drei Präsentationen haben Sie Ihre Kollegen vor Kunden mehrfach unterbrochen. Das hat zu spürbaren Irritationen geführt.“Legen Sie den Fokus auf Auswirkungen statt Absicht: „Ihr Engagement ist wichtig und wertvoll – diese Verhaltensweisen schaden jedoch der Zusammenarbeit.“ Bleiben Sie ruhig, lassen Sie Rechtfertigungen zu und halten Sie an Ihrem Ziel fest. Nutzen Sie objektive Rückmeldungen Dritter. Vereinbaren Sie klare Verhaltensziele und prüfen Sie die Umsetzung in regelmäßigen Abständen. Narzisstisch geprägte Mitarbeitende testen häufig Grenzen – Ihre Konsequenz spielt hier eine Schlüsselrolle.

Besondere Herausforderungen bei virtuellen Kritikgesprächen (hybrid & remote)

Besondere Herausforderungen bei virtuellen Kritikgesprächen (hybrid & remote)

Die Arbeitswelt verändert sich – hybride Teams, Homeoffice und virtuelle Meetings sind inzwischen ein fester Bestandteil unseres Alltags geworden. Wie führen Sie ein Kritikgespräch erfolgreich per Video-Call? Folgende Punkte empfehle ich bei Gesprächen aus der Distanz:

  • Technik ist startklar
    Stellen Sie sicher, dass Kamera, Mikrofon und Verbindung einwandfrei funktionieren. Technische Aussetzer innerhalb eines Kritikgesprächs sind unangenehm und unprofessionell. Bitten Sie auch Ihr Gegenüber, sich in eine ruhige Umgebung mit stabiler Verbindung zurückzuziehen.
  • Kamera an – bei beiden
    Ein Kritikgespräch lebt vom Dialog auf Augenhöhe – inklusive Mimik und Gestik. Bestehen Sie deshalb auf ein Videomeeting statt eines Telefonats. Ein Blickkontakt über die Kamera sorgt für Nähe und signalisiert Respekt.
  • Zeit bewusst nutzen
    Virtuelle Gespräche starten ohne das übliche Warm-up. Planen Sie ein paar Minuten für einen persönlichen Einstieg ein – Smalltalk oder eine wertschätzende Begrüßung schaffen Vertrauen und reduzieren Spannung.
  • Klare, präzise Sprache
    Kommunizieren Sie strukturiert und ohne Weichzeichner. Ironie, Andeutungen oder Floskeln führen in virtuellen Formaten schnell zu Missverständnissen. Sprechen Sie in kurzen, klaren Sätzen – und fragen Sie regelmäßig nach, ob und wie Ihre Aussagen beim Empfänger angekommen sind.
  • Empathie sichtbar machen
    Ihre Stimmlage, Ihre Mimik und Gestik sind oft unterschätzte Werkzeuge. Betonen Sie Ihre positive Grundhaltung – etwa mit: „Mir ist wichtig, dass wir heute zu einer für beide Seiten akzeptablen Lösung kommen.“ Zeigen Sie Verständnis, nicken Sie, halten Sie Blickkontakt. So transportieren Sie Haltung und Wohlwollen trotz räumlicher Distanz.
  • Dokumentation und Nachbereitung
    Nutzen Sie die technischen Möglichkeiten: Teilen Sie bei Bedarf Ihren Bildschirm, notieren Sie zentrale Punkte live oder fassen Sie im Chat Vereinbarungen zusammen. Schließen Sie das Gespräch mit einer kurzen E-Mail ab, die die nächsten Schritte klar benennt. So vermeiden Sie im Vorfeld Unklarheiten.

Virtuelle Kritikgespräche funktionieren – wenn Sie professionell vorbereitet sind, bewusst kommunizieren und empathisch führen. Bei besonders sensiblen Themen rate ich nach wie vor zu einem persönlichen Gespräch vor Ort.

Rechtliche Fallstricke: Abmahnung, Kündigung & Co. 

Rechtliche Fallstricke: Abmahnung, Kündigung & Co

Ein Kritikgespräch dient primär der Führung und Entwicklung von Mitarbeitenden. Bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen bewegen Sie sich allerdings rasch in einem juristisch sensiblen Bereich. Bitte beachten Sie folgende Punkte:

  • Kritikgespräch vs. Abmahnung: Ein Kritikgespräch ersetzt keine formelle Abmahnung. Wenn Mitarbeitende Pflichten verletzen, z. B. durch wiederholtes Zuspätkommen, Arbeitsverweigerung oder respektloses Verhalten, ist ein informelles Gespräch unzureichend. Nur eine schriftliche Abmahnung mit präziser Beschreibung des Fehlverhaltens und klarer Warnung vor möglichen Konsequenzen (bis zur Kündigung) hat rechtliche Wirkung. Eine Kündigung ohne vorherige Abmahnung ist in der Regel unwirksam.
  • Vorsicht vor versteckten Kündigungsandrohungen: Vermeiden Sie im Kritikgespräch Sätze wie „Wenn das noch einmal passiert, verlieren Sie Ihren Job.“ Solche Aussagen können juristisch als Abmahnung gewertet werden – mit allen Folgen. Bleiben Sie bei Formulierungen wie: „Das muss sich ändern.“ oder „Ich bin sonst gezwungen, weitere Schritte zu prüfen.“ Erst wenn Sie eine schriftliche Abmahnung überreichen, dürfen Sie auf eine mögliche Kündigung hinweisen.
  • Dokumentation Ihres Gesprächs: Erstellen Sie direkt im Anschluss eine Gesprächsnotiz mit Datum, Beteiligten, besprochenen Punkte und Vereinbarungen. Dieses Protokoll dient Ihrer Dokumentation und ist in juristischen Auseinandersetzungen oder im Eskalationsfall eine wichtige Grundlage. Sie sichern sich ab – und vermeiden Aussagen wie: „Das hat mir nie jemand gesagt.“ oder “Das war ganz anders besprochen.”
  • Betriebsrat und Zeugen: In Betrieben mit Betriebsrat hat der Mitarbeitende unter bestimmten Bedingungen das Recht, ein Betriebsratsmitglied hinzuzuziehen – etwa bei disziplinarischen Gesprächen mit möglicher Tragweite. In schwierigen Gesprächen können auch Sie als Führungskraft eine Person aus der Personabteilung als Zeugen hinzuziehen. Wichtig: Informieren Sie den Mitarbeitenden im Vorfeld – Transparenz schafft Vertrauen.
  • Ermahnung statt Abmahnung: Eine Ermahnung – mündlich oder schriftlich – setzt ein milderes Signal als eine Abmahnung. Sie dokumentiert das Fehlverhalten ohne  Kündigungsandrohung. Die Ermahnung eignet sich, wenn das Verhalten noch keine Abmahnung rechtfertigt, Sie jedoch deutlich reagieren möchten. Juristisch ersetzt sie keine Abmahnung – für spätere arbeitsrechtliche Schritte ist dann eine solche zwingend erforderlich.

Fazit zu rechtlichen Aspekten: Es ist wichtig, dass Sie als Führungskraft die Grenze zwischen Coaching und formaler Disziplinarmaßnahme kennen. Ein Kritikgespräch dient primär der Verhaltensverbesserung in gegenseitigem Einvernehmen. Sobald es um Pflichtverletzungen mit möglichen Konsequenzen geht, sind Sie verpflichtet, arbeitsrechtliche Spielregeln einzuhalten. Holen Sie im Zweifel Ihre Personalabteilung frühzeitig ins Boot. So handeln Sie stets rechtssicher und fair.

FAQ: Häufige Fragen zu Kritikgesprächen

FAQ: Häufige Fragen zu Kritikgesprächen

Formuliere ich die Kritik sofort im Moment oder in einem separaten Gespräch?Kleine Hinweise platzieren Sie direkt in der aufgetretenen Situation. Bei wiederkehrenden oder größeren Themen führen Sie ein bewusst geplantes Gespräch unter vier Augen. So zeigen Sie: Das Thema ist Ihnen wichtig. Vermeiden Sie spontane Reaktionen – bereiten Sie sich detailliert vor und bleiben Sie souverän.

Was mache ich, wenn der Mitarbeiter auf seiner Position beharrt?Bleiben Sie ruhig, klar und konsequent. Wiederholen Sie die Fakten und verdeutlichen Sie den Handlungsbedarf. Fragen Sie aktiv nach seiner Sicht. Bleibt die Einsicht aus, kündigen Sie weitere Schritte an – sachlich und ohne Drohung: „Wenn wir hier keine Lösung finden, bin ich gezwungen, weitere Maßnahmen zu prüfen.“ Dokumentieren Sie den Verlauf und leiten Sie bei dauerhaftem Widerstand formale Schritte ein.

Wie gehe ich mit Kritik um, die der Mitarbeiter an mich richtet?Hören Sie aufmerksam zu. Prüfen Sie die Bedeutung und Relevanz des Feedbacks und zeigen Sie Offenheit: „Danke für Ihren Hinweis, ich nehme ihn ernst.“ Bleiben Sie weiter beim ursprünglichen Thema Ihres Gesprächs. Wenn die Kritik umfangreicher ist, bieten Sie ein separates Gespräch an.  

Kann ich ein Kritikgespräch auch schriftlich oder per E-Mail führen?Die Antwort ist einfach: “Nein”. Konflikt- oder Kritikgespräche gehören in den persönlichen Austausch – vor Ort oder per Video. Die schriftliche Dokumentation erstellen Sie direkt im Anschluss, sie ist kein Gesprächsersatz.

Wie oft sollte ich mit meinen Mitarbeitern Feedback- oder Kritikgespräche führen?Setzen Sie auf einen festen Feedback-Rhythmus. Neben dem jährlichen Gespräch planen Sie regelmäßig kurze Feedbacksequenzen. So balancieren Sie Anerkennung und Kritik im Alltag und vermeiden Eskalationen.  

Über den Autor

Mein Name ist Michael Fridrich und ich bin Führungskräfte- und Vertriebstrainer aus Aachen. 


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